
Schon seit Längerem besteht an der HTW Berlin der Wunsch, studentisch organisierte Lehre zu etablieren – so wie es beispielsweise an der TU Berlin gang und gäbe ist. Zusammen mit dem Haus der Transformation hat der einleuchtend e.V. diese Idee aufgegriffen, präzisiert, ein Konzept auf- und der Hochschulleitung vorgestellt. Jetzt wird es schon zum dritten Mal umgesetzt: Transform it! – studentisch organisierte Lehre an der HTW Berlin!
In den Semesterferien konnten Studierende ihre Bewerbungen und Projektskizzen beim Haus der Transformation einreichen. Die Gewinner wurden durch die Interessengemeinschaft Nachhaltigkeit der HTW Berlin ausgewählt. Das Sommersemester 2021 und das Wintersemester 2021/22 stehen unter dem Thema Circular Society (Kreislaufwirtschaft). Der Förderantrag für die Durchführung des Projektes wurde durch die Hans Sauer Stiftung bewilligt.
Diese Kurse werden dieses Semester angeboten:
- Im Kurs „Future Thinking – Wege zu einer Circular Society/Economy“ möchten zwei Modedesign-Studentinnen mit den Studierenden eine Aufklärungskampagne über kreislauforientiertes Handeln in Wirtschaft und Gesellschaft auf die Beine stellen.
- Im Kurs „Gemeinwohlöko… Was?“, welcher auch schon letztes Semester durchgeführt wurde, geht es um eine Potenzialanalyse und konkrete Beispiele der Gemeinwohlökonomie.
- Der Kurs „Circular System Thinking“ wird von zwei System-Design-Studenten angeleitet. Sie möchten mit Hilfe eines Toolkits zusammen mit den Studierenden ein Interventions- und Innovationsportfolio zu einem selbst gewählten Thema erstellen.
Bewerbung als Tutor*innen – wie, wann und wo?
Für das Wintersemester 21/22 ist die Bewerbungsphase nun beendet. Das Format soll aber weitergeführt werden, sodass ihr euch vor Beginn des nächsten Semesters wieder mit einer Projektskizze als Tutor*innen bewerben könnt.
Die Projektskizze sollte max. 3 Seiten umfassen und eure Projektidee sowie die Ziele eures Kurses beschreiben. Folgende Fragen sollten beantwortet werden:
- Was lernen die Studierenden in diesem Projekt?
Was soll „Transform it!“
Die Kernprinzipien von „Transform it!“ sind:
- Die Lehre in studentischer Selbstorganisation schafft ein interdisziplinäres und möglichst fachsemesterübergreifendes Angebot.
- Durch die Lehre von Studierenden für Studierende entsteht ein niederschwelliger Austausch.
- Der thematische Fokus liegt auf sozial-ökologischer Transformation.
- Durch umsetzungs- bzw. anwendungsorientierte Projekte sammeln alle Beteiligten Praxiserfahrung.
- Studentisch selbstorganisierte Lehre (Seminar, Projekt, Workshop o.ä.) integriert idealerweise innovative, didaktische Methoden.
Wie funktioniert „Transform it!“?
Im Semester werden ein oder mehrere AWE-Kurse (mit 2 ECTS-Credits) für die studentisch organisierte Lehre geöffnet. In Zweier-Teams könnt ihr eine Projektskizze ausarbeiten und euch vor Beginn des Semesters auf Tutor*innen-Stellen für das kommende Semester bewerben.
Die Projektskizzen werden
ein Beispiel
Lea und Yusuf sind im Urban Garden der HTW Berlin aktiv. Yusuf studiert Regenerative Energien und Lea Angewandte Informatik. Die beiden mögen die HTW und den Campus in Schöneweide zwar ganz gerne, aber eigentlich sind sie ziemlich frustriert davon, dass sie kaum Wahlmöglichkeiten im Studium haben. Den Lernstoff aus den ersten Semestern haben sie fast schon wieder vergessen, weil sie ihr Wissen nie praktisch anwenden konnten. Als die beiden sich im Spätsommer mal wieder im Urban Garden treffen, erzählt Lea Yusuf vom Haus der Transformation und dem neuen Lehrformat „Transform it!“. Noch am selben Abend setzen sich die beiden zusammen und entwerfen eine Projektskizze.
Sie planen im Rahmen ihres Projektes ein Messsystem für den Urban Garden, welches sich ausschließlich mit regenerativen Energien versorgt. Dabei sollen Messungen verschiedener meteorologischer Daten erfolgen und eine einfache App programmiert werden, die Informationen über die einzelnen Beete sammelt und dadurch das Gärtnern verbessert. Zusätzlich sollen mit der erzeugten Energie Ladestellen für Werkzeuge geschaffen werden. Wichtig ist ihnen dabei aber nicht nur die Umsetzung des Projektes. Damit sich in ihrem Projekt alle wohlfühlen und eine gute Lernatmosphäre entsteht, wollen sie Inputs zu gewaltfreier Kommunikation, dominantem (Rede-)Verhalten und kritischer Männlichkeit einbauen. Außerdem möchten sie ihr Projekt gezielt bei Studierenden mit Migrationshintergrund bewerben, damit sich die Gruppe möglichst divers zusammensetzt.
Nachdem die Projektskizze ausgewählt wird und Professorin Meyer sich mit Begeisterung für das großartige Projekt verantwortlich erklärt, beginnen die beiden mit der konkreten Planung dieses Projektes und der einzelnen Termine. Dafür werden sie von der Hochschule als Tutor*innen eingestellt. Zur Umsetzung des Projektes beantragen sie Gelder der Studierendenschaft beim Studierendenparlament (StuPa).
Zum Start des neuen Semesters muss sich Elisa, eine Studentin aus dem Industrial Design, entscheiden, welches allgemeinwissenschaftliche Ergänzungsfach (AWE) sie belegt. Als sie im LSF neben den etwas altbacken klingenden anderen Modulen „Transform it!“ liest, stößt sie auf das Projektmodul von Lea und Yusuf. Sie kann es kaum glauben, dass sie hier gemeinsam mit anderen Studierenden ein praktisches Projekt am Campus umsetzen kann. Frontalunterricht, bei dem sie eineinhalb Stunden in einem Seminarraum sitzt und dessen Inhalt am Ende des Semesters in einer Klausur abgefragt wird, hat sie schon genug. Außerdem reizt sie der Einblick in die ingenieurstechnischen Herangehensweisen, welche ihr in ihrem Studium zu kurz kommen.
Am Ende dieses Semesters kann Elisa mit einer Stichsäge umgehen, traut sich in Gruppen öfter das Wort zu ergreifen, kennt den Unterschied zwischen einem kW und einer kWh und hat selbst schon Ideen für ein eigenes Projektmodul, in dem sie im Rahmen von „Transform it!“ mit an-deren Studierenden das Messsystem um eine automatische Bewässerungsanlage erweitern möchte. Lea und Yusuf haben sich allein durch die Vorbereitung des Moduls Expertise im Bereich der Anlagenplanung und der Messtechnik angeeignet und konnten Erfahrungen in Gruppenmoderation und Didaktik sammeln. Außerdem sind sie begeistert vom innovativen und lö-sungsorientierten Vorgehen interdisziplinärer Arbeitsgruppen und können später die Hoch-schule mit dem Gefühl verlassen, einen Beitrag zur Transformation der HTW, anderer Studierender und sich selbst geleistet zu haben.
Rückblick
Transform it! – Circular Society im Sommersemester 2021
Im Sommersemester 2021 konnten drei AWE-Kurse angeboten werden.
- Unter dem Titel „Gemeinwohlöko…Was?“ führten Jana Strüve und Carolin Flege die Studierenden an das Konzept der Gemeinwohlökonomie heran. Anhand von konkreten Beispielen vermittelten sie die Inhalte und führten Diskussionen mit den Studierenden. Beide studieren im Masterstudiengang Wirtschaftskommunikation.
- Im Kurs „Circular System Thinking“ haben Fanni Florian (Kommunikationsdesign) und Niklas Manke (System Design) mit den Studierenden einen Blick in die systemischen Zusammenhänge von Produkten gewagt. Sie gaben eine Einführung ins systemische Denken und leiteten eine vereinfachte Life Cycle Stage-Analyse anhand eines selbst gewählten Produkts an.
- Karolina Kolodziej und Meike Onnen studieren beide Mode Design im dritten Semester. Im Kurs „Sustainable Fashion what the Fuzz“ näherten sie sich der Circular Society über die Mode.
Transform it! – Gesellschaft weiterdenken im Wintersemester 20/21
Wie können wir den Problemen unserer modernen Gesellschaft begegnen? Was sind Ursachen für globale Ungerechtigkeit? Wie können wir die planetaren Grenzen einhalten? Wie könnte ein geeignetes Wirtschafts- und Wertesystem dazu aussehen? Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt, können und müssen vielfältig diskutiert werden. Wir können an diesen Debatten teilnehmen!
Der Kurs sollte den Teilnehmer*innen eine Plattform bieten, ausgewählte Themen der Gesellschaftstransformation zu bearbeiten. Zu drei verschiedenen Themengebieten wurden Expert*innen eingeladen und gaben Vorträge. Ihre Kenntnisse, Erfahrungen und Meinungen wurden im Nachhinein im Kurs bearbeitet und diskutiert, um dann eigene Schlüsse zu ziehen. Thematisch wob sich der Kurs um die Veranstaltungsreihe vom Haus der Transformation (https://www.instagram.com/hdt_htw/).
Die einzelnen Themen für das Semester drehten sich um:
- Klimakrise und Individuum
- Alternative Gesellschaftsformen (Nachhaltigkeitstransformation)
- Mit Green Economy die Welt retten?
Folgendes erwartete die Teilnehmer*innen:
- Individuelle Vorbereitung der Themen
- Expertenvorträge (drei pro Thema)
- Gegenüberstellung + Bewertung der Transformationsansätze (Gruppenarbeiten)
- Präsentationen + Diskussion im Kurs
- (Erstellen eines ‘Erkenntnistagebuchs’)